Grußwort
Natürlich ist der Islam heute ein normaler Teil der religiösen Landschaft in Deutschland und auch in Berlin. Immerhin stellen Muslime die zweitgrößte Glaubensgemeinschaft nach den Christen. Aber so ganz selbstverständlich und unspektakulär ist der Umgang mit den Muslimen und den vielfältigen Richtungen des Islam dann offensichtlich doch noch nicht. Gerade das stärkere Sichtbarwerden des Islam in unserer Gesellschaft weckt auch Ängste und Ablehnung. Für Rassisten ist „der Islam“ zum Feindbild schlechthin geworden und sie nutzen es für ihre Hasskampagnen.
Viele Muslime erleben dies im Alltag, gerade auch im Arbeitsleben, manchmal unterschwellig, manchmal sehr drastisch. In den letzten Jahren häufen sich die Berichte über Diskriminierungserfahrungen bis hin zu aggressiver Gewalt. Die Schilderungen legen nahe, dass Diskriminierung insbesondere von muslimischen Frauen ein erschreckendes Ausmaß angenommen hat. Genaue Zahlen liegen nicht vor aber vermutlich ist die Dunkelziffer sehr hoch. Betroffene scheuen sich oft, sich gegen erfahrene Ausgrenzung zu wehren, viele haben resigniert oder kennen ihre Rechte nicht. Sie wissen häufig nicht, dass das Gesetz Diskriminierung verbietet und dass es Beratungs- und Hilfseinrichtungen gibt. Diskriminierung wird mitunter sogar als ein persönliches Problem gesehen.
Das „Netzwerk gegen Diskriminierung von Muslimen“ zeigt den richtigen Weg aus dieser Sackgasse. Antiislamische Stimmungen dürfen nicht zu resignativer Passivität und einer gewissen Opferhaltung bei den Muslimen führen. Das fördert letztlich Rückzug und Ressentiments gegen den vermeintlich einseitig aufgestellten Rechtsstaat. Das Netzwerk zielt darauf, Musliminnen und Muslime zu aktivieren, ihre Rechte wahrzunehmen. Es gibt im Rechtsstaat Möglichkeiten, sich erfolgreich gegen Diskriminierung zu wehren, nicht zuletzt durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Allerdings benötigen Betroffene Beratung und professionelle Unterstützung. Hier setzt das Netzwerk an. Es leistet praktische Hilfestellung und sensibilisiert die von Diskriminierungserfahrungen Betroffenen.
Ich halte das für einen guten und wichtigen Ansatz, damit Musliminnen und Muslime bürgerrechtlich aktiver werden und sich stärker in die Debatten einmischen. Die Demokratie braucht aktive Menschen, die sich für ihre Rechte einsetzen.
Nicht zuletzt mit Blick auf unsere Geschichte müssen wir sehr wachsam sein gegenüber allen Versuchen, bestimmten Bevölkerungsgruppen ihre Grund- und Menschenrechte zu verwehren oder sie ihnen nur zum Teil zuzugestehen.
Günter Piening
Beauftragter des Senats für Integration und Migration